Der Sommerabend senkt sich über den Schlosspark, die Luft riecht nach Gras und der Körper freut sich auf den abendlichen Lauf. Für mich gibt es kaum etwas Schöneres, als vor dem Laufen noch eine kurze Yoga-Einheit im Park zu machen: Sie löst Verspannungen, mobilisiert Hüfte und Sprunggelenk und macht den Kopf frei. In diesem Beitrag teile ich drei einfache Yoga-Flows, die du direkt auf der Wiese ausprobieren kannst — keine Matte nötig, nur ein Handtuch oder eine dünne Isomatte, wenn du möchtest.

Warum Yoga vor dem Laufen sinnvoll ist

Viele Läuferinnen und Läufer denken an Dehnen nach dem Lauf, ich halte es aber für sehr wirkungsvoll, die Muskulatur vor dem Laufen gezielt zu mobilisieren. Yoga aktiviert die stabilisierenden Muskeln, verbessert die Gelenkbeweglichkeit und reduziert das Risiko für typische Überlastungsbeschwerden wie ITBS (Iliotibialband-Syndrom) oder verkürzte Hüftbeuger. Außerdem bringt eine kurze Atemsequenz Ruhe in die Atmung und sorgt für eine bessere Laufökonomie.

Was du brauchst & Sicherheits-Hinweise

  • Bequeme Kleidung und ggf. ein leichtes Handtuch oder eine Yogamatte (marken wie Manduka oder die günstigen Matten von Decathlon eignen sich gut).
  • Plane 10–20 Minuten vor dem Lauf ein. Die kurze Zeit ist oft effektiver als ein langes, planloses Dehnen.
  • Achte auf deinen Körper: Keine Schmerzen erzwingen. Unterschiede zwischen Ziehen (ok) und scharfem Schmerz (stopp).
  • Bei akuten Knie- oder Rückenproblemen vorab Rücksprache mit Physiotherapeutin/Physiotherapeuten oder Arzt.

Flow 1 — Mobilität für Hüfte & hintere Oberschenkel (8–10 Minuten)

Ideal, wenn du nach einem langen Tag viel gesessen hast. Ziel: Hüftbeuger lösen, hintere Kette aktivieren, Knie stabilisieren.

  • Aufwärmen (1–2 Minuten): Leichte Mobilisation—im Stand hüftbreit, sanfte Becken-Kippungen vor und zurück, dann ein paar langsame Kniebeugen (8–10x).
  • Flow-Ablauf (wiederholen 3x pro Seite):
    • Aus dem Stand: Vorwärtsbeuge (Uttanasana) für 5 Atemzüge — leichtes Halten hinter den Beinen oder Oberarmen.
    • Aus der Vorwärtsbeuge: Einbeinig nach hinten zum Lunge (Anjaneyasana), hinteres Knie optional auflegen. 6 Atemzüge, Becken nach vorne schieben, Hüftbeuger spüren.
    • Vom Lunge: Nach hinten drücken ins herabschauende Bein, dann Fuß zum Handgelenk bringen und auf dem Fussaußenrand/inneren Fussrand balancieren für 4 Atemzüge — das stärkt Fuß- und Sprunggelenkstabilität.
    • Zurück ins Stand und Seite wechseln.
  • Was du spürst: Länge in der Leistengegend, leichte Aktivierung der Oberschenkelrückseite, mehr Beweglichkeit beim Kniebeugen und beim Laufen bergab.

Flow 2 — Dynamische Mobilisation für Rumpf & Schultern (6–8 Minuten)

Wenn du viel am Schreibtisch warst, hilft dieser Flow, die Brust- und Schultermuskulatur zu öffnen und die Rumpfstabilität zu aktivieren — wichtig für eine aufrechte Laufhaltung.

  • Aufwärmen: Schulterkreisen, Nacken sanft mobilisieren (30–60 Sekunden).
  • Flow-Ablauf (2–3 Runden):
    • Tischposition (Quadruped): Cat-Cow (Wirbelsäulenmobilisation) 6–8x.
    • Aus dem Vierfüßler: Bird-Dog — rechten Arm und linkes Bein ausstrecken, 4 Atemzüge halten, wechseln. Das trainiert diagonale Stabilität, die beim Laufen hilft.
    • Herabschauender Hund (Adho Mukha Svanasana) für 4–6 Atemzüge, dann in Planke wechseln und für 3–4 Atemzüge halten — Körpermitte spüren.
    • In die Kobra (Bhujangasana) oder halb-kobra (Sphinx) gehen, 4–6 Atemzüge — öffnet die Brust.
  • Modifikationen: Bei empfindlichem Handgelenk auf Unterarmplanke oder Handgelenks-Pads ausweichen.

Flow 3 — Aktivierung & Koordination vor Intervalltraining (6–8 Minuten)

Perfekt als letzte Vorbereitung vor Tempoeinheiten: Dieser Flow kombiniert Mobilität mit leichten plyometrischen Elementen, um die neuromuskuläre Aktivierung zu steigern.

  • Aufwärmen: Lockeres Traben vor Ort oder 2 Minuten leichtes Springen auf der Stelle.
  • Flow-Ablauf (2 Runden):
    • Seitliche Ausfallschritte (Cossack Squats) jeweils 6–8 pro Seite — verbessert seitliche Hüftkompensation und Bewegungsumfang.
    • Einbeinige Kniebeuge zum Stuhl (oder Bank) 6x pro Seite — kontrolliert und ohne Gewalt.
    • Kurze explosive Sprünge: 6–8 kleine Skater-Hops (seitlich) — Fokus auf Landungskontrolle und Fußgelenksarbeit.
    • Zum Abschluss: 4 schnelle Kniehebeläufe auf der Stelle (20–30 Sekunden) und 4 lockere Ausfallschritte im Gehen.
  • Warum das wirkt: Die Mischung aus Stabilität, Mobilität und kurzen Sprüngen weckt das Nervensystem und bereitet dich auf hohe Laufintensitäten vor.

Atem & Fokus — mein kurzer Ritual-Tipp

Bevor ich loslaufe, nehme ich mir immer 3 Minuten für eine Atemübung: 4 Sekunden einatmen, 6 Sekunden ausatmen, 6 Wiederholungen. Das beruhigt das Herz-Kreislauf-System, senkt unnötige Spannung und bringt die Konzentration auf den Lauf.

Häufige Fragen, die ich bei Trainings-Treffs höre

  • Wie lange vor dem Lauf sollte ich Yoga machen? 10–20 Minuten reichen oft aus. Bei sehr intensiven Yoga-Sessions kann es sinnvoll sein, 30–60 Minuten Pausen zu lassen.
  • Macht das nicht müde? Aktive Mobilisation und kurze Aktivierungsübungen machen in der Regel wacher — statisches Dehnen über längere Zeit kann hingegen vor dem Lauf die Kraftentwicklung kurzfristig reduzieren.
  • Brauche ich eine Yogamatte? Nein, die Wiese reicht. Eine dünne Matte oder ein Handtuch ist angenehm bei kühlem oder feuchtem Untergrund.
  • Wie oft sollte ich diese Flows machen? Vor jedem intensiven Lauf oder 2–3x pro Woche vor dem Lauftraining. Für regenerative Läufe reicht oft ein kurzes Mobilisations-Set.

Fehler, die ich immer wieder sehe — und wie du sie vermeidest

  • Zu lange statische Dehnungen vor Tempoeinheiten: Halte statische Dehnungen kurz, setze stattdessen auf dynamische Mobilität.
  • Zu viel Fokus auf Dehnung statt Aktivierung: Kombiniere Mobilität mit Aktivierungsübungen (z. B. Bird-Dog, Einbein-Drills).
  • Ungenügende Fußarbeit: Drehe mal die Füße bewusst nach innen/außen und mache Fußgewölbe-Äbungen — das verbessert die Stoßdämpfung beim Laufen.

Ein kleines Equipment-Set fürs Park-Yoga

Gegenstand Warum
Leichte Yogamatte / Handtuch Komfort bei Bodenübungen, verhindert Ausrutschen
Widerstandsband (Mini-Loop) Ideal für Fuß- und Hüftaktivierung (z. B. Clamshells)
Trinkflasche Hydration vor dem Lauf

Wenn du magst, lernst du mich und die Flows am besten live kennen — ich veranstalte regelmäßig kleine Yoga-im-Park-Treffs vor unseren Abendläufen in Schorndorf. Schreib mir gern über das Kontaktformular auf Schorndorf-bewegt.de, welche Zeit dir passt, oder komm einfach vorbei und probiere einen der Flows aus. Viel Spaß beim Ausprobieren und guten Lauf!